Basel 2.0

Ja, ich war ein weiteres Mal in Basel! Dieses Mal habe ich am 6. Juni einen Vortrag zum Einsatz von multimodalen Ressourcen in der Orchesterprobe auf der VALS/ASLA-Tagung (VALS = Vereinigung für Angewandte Linguistik in der Schweiz) gehalten. Ich war bereits letztes Jahr im Juni in Zürich auf der VALS/ASLA-Tagung (siehe auch meinen Beitrag „Das war Zürich…“ dazu) und habe dort einen Vortrag zur Mehrsprachigkeit in Orchesterproben gehalten. Dieses Jahr stand die Tagung unter dem Motto „A Video Turn in Linguistics?“ und beschäftigte sich mit den Themen multimodale Analysen, methodologische Aspekte in der Arbeit mit Videodaten, sowie Verwendung von Video in der Feldforschung.

Da meine Videodaten ja stark mit multimodalen Elementen wie Sprache, Gestik, Mimik, Blick, Haltung und Körperbewegung, bestückt sind, habe ich einen Ausschnitt aus einer Orchesterprobe des Orchestre de Rouen für die Tagung ausgewählt, diesen im Vorfeld einer ausgiebigen multimodalen Analyse unterzogen und die Ergebnisse in meinem Vortrag auf der Tagung präsentiert. Dabei habe ich mich vor allem auf die Mimik und die Gesten des Dirigenten Antony Hermus konzentriert, die er verwendet, wenn er instruiert, korrigiert oder erklärt. Es stellte sich heraus, dass der Dirigent die Mimik und Gestik, die er in Unterbrechungen der Musik anwendet, auch in ähnlicher Art und Weise einsetzt, sobald das Orchester spielt und er gleichzeitig zur laufenden Musik Anweisungen gibt. Der Dirigent hat mir – nach Rückfrage – verraten, dass er vor allem sich ähnelnde Gesten dahingehend benutzt, als dass sich eine Art Muster bilden kann: d.h. wenn die Musiker/innen eine bestimmte Geste von ihm sehen, wissen sie sofort, was diese bedeutet und was er von ihnen hören möchte.

Diese Art von Muster zeigt sich auch in meinen Daten. Der Dirigent zeigt z.B. in einer Unterbrechung der Musik mit seinen Händen, die er beide mit ausgestreckten Zeigefingern vor seiner Brust langsam nach vorne führt, an, dass er einen langgezogenen Klang hören möchte. Er unterstützt diese Geste durch eine verbale Anweisung, nämlich „c’est possible long“, was soviel bedeutet, wie „Könnt ihr das/diesen Ton bitte lang spielen?“. Sobald das Orchester genau diese Stelle dann nochmals spielt, verwendet der Dirigent simultan zur Musik eine ähnliche Geste: Während er mit dem Taktstock in der rechten Hand dirigiert, führt er seine linke Hand mit der Handfläche nach unten von links außen bis vor seine Brust. Damit impliziert der Dirigent den langen, getragenen Klang, den er in der Unterbrechung vorher bereits ausführlich erklärt – und auch vorgesungen – hat.

Solche oder ähnliche Beispiele kommen noch mehrere in dem besagten Videoausschnitt vor – somit bestätigt sich das vom Dirigenten angedeutete Muster, mit dem er in den Proben arbeitet und so versucht, Intersubjektivität auf ökonomische Art und Weise zu erreichen. Der Dirigent ist auch der Ansicht, dass die Musiker/innen sehr viel von dem verstehen, was er ihnen beibringen möchte, aber bestimmt nicht alles. Sobald sie spielen, merkt er, was angekommen ist und was nicht und er korrigiert dann auch teils seine Gesten, um das gegenseitige Verständnis zu erleichtern.

Es ist für mich sehr interessant zu sehen, wie der Dirigent seine Gesten (und teilweise auch die Mimik) während der Probe interpretiert. Ich habe in meinem Vortrag bewusst auch die Ansicht des Dirigenten mit eingebaut, um einen Vergleich zu meinen Analysen herzustellen und somit die Theorie greifbarer zu machen – ganz im Sinne der Angewandten Linguistik.

Die Tagung war – wie die meisten von mir bisher besuchten Tagungen – sehr interessant und lehrreich. Ich war leider nur an einem Tag auf der Tagung, da ich an den restlichen Tagen beruflichen Pflichten nachkommen musste, aber ich nehme neue Eindrücke und Ideen mit, die ich in meiner Dissertation verarbeiten und für künftige Vorträge auf anderen Tagungen verwenden werde.

Trotz der begrenzten Zeit hatte ich dieses Mal die Möglichkeit Basel auch ein wenig touristisch zu erleben und bin u.a. mit einer Fähre über den Rhein gefahren, habe die Stadt an und für sich ein bisschen mehr als das letzte Mal erkundet und habe auch so einiges über das Schwimmen im Rhein mit dem sogennanten Wickelfisch erfahren bzw. auch einen als Andenken mit nach Hause genommen… 🙂

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Als nächstes Ziel steht nun eine Datensitzung Ende Juli in Essen an – dazu aber mehr in meinem nächsten Blogbeitrag…

mm

P.S.: Die erstmalige Benutzung des Wickelfischs steht noch aus…

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