Klappe – und Action!

Das Corpus für meine Dissertation besteht aus rund 55 Stunden an Datenmaterial, das ich im Februar 2016 in den Proben des Orchestre de Paris, im Mai 2016 in den Proben des Orchestre de l’Opéra de Rouen und im Juli 2016 in den Proben des Haydn Orchesters Bozen gesammelt habe.

Bei den Aufnahmen kamen jeweils zwei bewegliche Videokameras zum Einsatz, wobei eine Kamera auf den/die Dirigent/in gerichtet war, die andere auf die Musiker/innen. Auf einem Notenpult nahe des Dirigentenpults habe ich zudem ein externes Mikrofon platziert, das per Signal an die „Dirigent/in-Kamera“ angeschlossen war, sowie ein Aufnahmegerät für reine Audio-Aufnahmen bereit gestellt. Das interne Mikrofon in der Kamera war nämlich zu schwach, um die verbalen Aussagen des/der Dirigent/in genauestens aufzuzeichnen und die Audio-Aufnahmen sollten rein als Sicherheitspolster dienen, falls das Mikrofon irgendwann nicht mehr funktionieren oder ausfallen sollte.

Dieses Sicherheitspolster sollte sich bald bewähren, nämlich in Rouen, wo mitten in der Probe plötzlich das externe Mikrofon aussetzte und nur noch ein Rauschen zu vernehmen war. Die Strategie „Doppelt hält besser!“ kam mir in diesem Moment zu Gute und sicherte mir diesen beschädigten Teil der Aufnahmen, der andernfalls höchstwahrscheinlich nicht verwendbar wäre.

Andere technische Schwierigkeiten hatte ich (zum Glück!!) nicht zu verzeichnen, heikel war es jedoch in der allerersten Probe in Paris, in der ich aufzeichnete, die Kameras so zu platzieren, dass sie weder die Orchestermusiker/innen noch den/die Dirigent/in behinderten bzw. dass sie nicht zu sehr in der Vordergrund rückten und das Probengeschehen beeinflussten. Die Daten, die ich sammelte, sollten ja möglichst „natürlich“ und authentisch sein, d.h. die Anwesenden in der Orchesterprobe sollten sich durch mich und die Kameras nicht gestört fühlen und schon gar nicht ein anderes Verhalten – als in einer Probe ohne Kameras – an den Tag legen.

Außerdem war es vor allem für die Musiker/innen wichtig, dass kein Videomaterial nach außen bzw. in die Öffentlichkeit gelangt, da die Orchesterprobe doch eine sehr intime und vertraute Situation für sie darstellt und eigentlich nur die Konzert-Aufführung für die Öffentlichkeit gedacht ist. Nachdem ich mein Projekt und meine Motive klar und verständlich mündlich sowie auch schriftlich erläutert und versichert hatte, dass das Datenmaterial für rein forschende Zwecke genutzt wird, hatte ich eine Vertrauensbasis geschaffen und wurde als Zuschauerin und Zuhörerin in der Probe respektiert.

Aus diesen technischen, praktischen und ethischen Herausforderungen habe ich von Probe zu Probe und von Aufzeichnung zu Aufzeichnung dazugelernt und bis zum Ende ein Corpus geschaffen, das 5 verschiedene Orchesterprojekte mit 5 verschiedenen Dirigent/innen inkludiert, 8 unterschiedliche Sprachen (Französisch, Italienisch, Englisch, Deutsch, Niederländisch, Spanisch, Russisch, Estnisch) beinhaltet und nun darauf wartet von mir unter die Lupe genommen, analysiert und interpretiert zu werden.

Und damit: Klappe – und Action!

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